6. Dezember
Nachdem es heute Nachmittag draußen deutlich wärmer war als drinnen, habe ich mir einen Außenarbeitsplatz eingerichtet. Auf der Rückseite des Hauses stand noch ein alter Tisch, den ich erst mal abgeschrubbt habe, um mich in seiner Gegenwart einigermaßen wohlzufühlen. Direkt vor dem Haus gab’s auch Strom, also alles Paletti. Hab dort bis zur Abenddämmerung geschrieben.
Danach hab ich mir Kartoffeln aufgesetzt und nachher geschält (bio gibt’s hier eher selten). Morgen werde ich mir wahrscheinlich Bratkartoffeln mit Ei machen. Die Tatsache, dass ich mich hier ganz alleine versorgen muss (und will), steht in heftigem Kontrast zu Inges Kochkünsten zu Hause, erlaubt mir andererseits eben auch so „primitive“ Männergerichte wie Bratkartoffeln mit Ei.
Letztlich gibt’s für mich hier nur eine Sorge: Dass ich gesund bleibe. Umso augenfälliger sind kleine Wehwehchen, von denen ich dann hoffe, dass sie „klein“ bleiben. Heute Nachmittag beispielsweise hatte ich einen seltsamen (und völlig unbekannten) Schmerz im linken Oberschenkel. Ist bald verschwunden und jetzt (20:22 Uhr) ist davon nichts mehr zu spüren, nur die Erinnerung ist noch wach.
Bin heute gut vorangekommen. Fürs Milena-Projekt (Roman) knappe fünf Stunden gearbeitet. Und jetzt setze ich mich an die Autobiografie. Mal sehn, wie lange ich durchhalte. Bis 21:48 Uhr. Nicht schlecht.
7. Dezember
Erst im Bett wurde mir bewusst, dass ich heute vor lauter Schreiben auf meinen Vorsatz vergessen hatte, die nächste Spanischlektion zu bearbeiten. So geht das nicht, Herr Langer! Ich hab mich innerlich an den Ohren gezogen und mir für heute Besserung versprochen.
Morgens bin ich mit den ersten Zeilen dieses Gedichts aufgewacht, das sich dann in den ersten zwei Stunden weiterentwickelt hat:
Es tagt
Es tagt. Noch schürfe ich
am Grund der Nacht.
Mein Atem flüstert
durch die leergeträumten Räume:
Wach auf, es ist so viel zu tun.
Doch es erscheint
ein Lächeln auf dem Plan
und gibt zurück:
Das muss nicht sein,
noch nicht;
noch zieh’n in kleinen Schwärmen
Wolkenträume durch mich hin,
noch ist Frieden in der Seele.
Der Tag mag draußen warten
vor dem stillen Fenster,
er gähnt ja noch wie ich
und reckt die Sonnenglieder;
soll sich gedulden,
bis ich fertig bin.
Schon seltsam, ich erlebe so etwas ja zum ersten Mal: dass ich hier beim Schreiben in der Mittagssonne auf der Terrasse sitze und von Schneestürmen in Deutschland lese und dem bevorstehenden Weihnachten. Allerdings kann ich keinen Tropfen Wehmut dabei empfinden.
War noch ein wenig einkaufen und dabei auch in der „Panaderia“, dem einzigen Restaurant in meiner unmittelbaren Nähe, das mit einer Bäckerei kombiniert ist. Ich bin da an den verschiedenen Theken entlang gestrichen – eine Stufe tiefer, im wintergartenartigen Vorbau, saßen ca. 25 Essensgäste – und habe auf den inneren Ruf gehört: Will ich mir hier was kaufen oder sogar ein Essen bestellen? Und jedes Mal kam die Antwort: Nein. Ein bisschen schade, sagt der Konsument in mir, aber auch gut.
Ich koche hier für mich alleine. Die Mengen abzuschätzen ist schwer, hab ich noch nie gemacht, weshalb ich meistens zu viel zubereite, heute zum Beispiel die Bratkartoffeln mit viiiiiel Zwiebel. Zwei Kartoffeln hätten auch genügt, aber die Gier hat gesiegt, oh je, hat auch prima geschmeckt, nur zu viel. Wenn ich so weitermache, koche ich mich fett. Also …
8. Dezember
Heute ist es verhältnismäßig kalt, 12 bis 14 Grad (Würzburg 2-6°C, nachmittags Regen), weshalb ich unseren Ofen angeworfen habe, der das Wohnzimmer immerhin schon auf 19 Grad aufgewärmt hat.
Hierher habe ich auch den Laptop gebracht und schreibe jetzt am Esszimmertisch. Warum ich das nicht schon bisher gemacht habe, wenn mir kalt war und der Ofen brannte? Vermutlich, weil das Esszimmer ja gemeinsamer Bereich ist und ich das Gefühl hatte, ich würde damit etwas mir nicht Zustehendes beanspruchen. Aber inzwischen stehen Frau Olive, Herr Insel und ich auf so vertrautem Fuß, dass ich jetzt diesen Schritt getan habe.
Eben – 11:26 Uhr – habe ich mein erstes Porridge genossen (nur mit Wasser, einer reichlichen Messerspitze Butter und Salz, dazu am Schluss ein halber Apfel und ne halbe Banane), nachdem ich gestern Nachmittag Haferflocken besorgt habe. Tatsächlich bin ich ein großer Haferflockenfan, vermutlich, weil meine Mutter Stillschwierigkeiten hatte und mich zusätzlich mit Hafermilch ernährt hat, Jahrzehnte, bevor das Mode wurde. Mein Essensversorgungsgrad könnte beinahe für die ganze Zeit hier reichen, jedenfalls was die Grundlagen angeht: Neben dem Kilo Haferfocken sind das 1 kg Müsli (schon angebrochen), Basmatireis (angebrochen), 500 g Gemüsenudeln (Lazos Vegetales), 500 g Cous-Cous, ca. 1 kg dunkles Brot (in Scheiben geschnitten eingefroren, so dass ich es scheibenweise entnehmen und überm Toaster auftauen kann), 500 g Mehrkornbrot ( ohne Konservierungsstoffe, so bei Spar angeboten), Westminstertee (50 Beutel, angebrochen; der spanische Name für Teebeutel ist süß: la bolsita, das Täschchen), Ingwer pur (25 bolsitas, angebrochen), Ingwer Orange (25 bolsitas, angebrochen) und Ingwer Zitrone (25 bolsitas, angebrochen). Zu guter Letzt 1 Glas Honig, 500 ml GutBio Olivenöl und 250 ml Balsamico.
Mit dieser „Grundausstattung“ fühle ich mich ziemlich reich und bestens ausgestattet. Kleinigkeiten wie Kartoffeln, Gemüse oder Obst, Käse oder Rotwein kommen dazu. Ich denke, für die nächste Hauptmahlzeit werde ich mal den Cous-Cous ausprobieren, dazu Zwiebel, Knofi (unverzichtbar), Zucchini, Paprika und Karotte. Da läuft mir jetzt schon, trotz porridgevollem Magen, das Wasser im Mund zusammen.
Heute, nach Mittagsschäfchen und Brotzeit habe ich endlich die Energie zu einem kurzen, aber intensiven Zirkeltraining: Hampelmann, Wandsitz, Liegestütz, Crunch, Step-up, Kniebeuge, Trizeps-Dips, Unterarmstütz, Kniehoch im Stand, Ausfallschritt, Liegestütz mit Drehung, Seitstütz. Da ich hier kein Kiesertraining mache, hab ich mir die Anleitung mitgebracht und bereit gelegt, bin aber bisher nur mit schiefem Seitenblick dran vorbeigeschlichen.
Ja, es geht doch. Danke für das schöne Gedicht. Hoffe deine Einkaufssituation ist ausreichend oder wird besser, Lidl gibt es direkt am Eingang von Santany. Also weiter so, spitze.
Um ein echter Mallorcin zu sein musst du an Sylfester 12 Weintrauben um 0.00 Uhr essen und zwar zu jedem Glockenschlag eine mit einem Wunsch; klappt.
Bis dann.