8. Januar 2025

Erst hatte ich gestern vor, einen kompletten In-Doors-Tag zu machen, aber dann hat mich doch die Lust gepackt, das Tramuntana-Gebirge von West nach Ost auf einer kleinen Straße zu durchqueren.

Ich hab mir also die Orte notiert, die ich ansteuern musste, was aber im Endeffekt einfacher war als gedacht. Als Erstes war ich in kurz in der Apotheke und habe eine Packung Reishi-Pilze bestellt, die heute Nachmittag eintreffen werden (stimmt aber nicht, kommen am 10.1.)

Die Strecke über Palma bis nach Andratx war mir ja bekannt. Leider hat mein Navi Andratx nicht kapiert und hat mich nach Port Andratx befördert. Als mir dort im Gassengewirr schließlich klar wurde: Hier wolltest du nicht hin, bin ich ne Teilstrecke von ca. fünf Kilometern zweimal gefahren, bis ich endlich da war, wo ich hin wollte. Und beinahe schlagartig war ich von Natur- und Bergwundern umgeben. Die Straße war manchmal so schmal, dass ich den Sinn der Mittellinien-Striche nicht wirklich erkennen konnte. Wenn man da um eine enge Kurve fährt und rechts der offene Fels herausragt oder die Straßenkante ca. 30 Zentimeter abfällt, ist man automatisch sehr vorsichtig. Aber der Tag nach Weihnachten war offenbar perfekt für meine Zwecke. Auf den rund 70 Kilometer Bergstraße (Google gibt dafür 1 Stunde 50 Minuten an, ich hab ca. 4 Stunden gebraucht) sind mir geschätzt 20 Autos entgegengekommen; dafür soooo viele atemberaubende Ausblicke, dass ich mich zwischendurch ermahnen musste: Bobby, glotz nicht, schau auf die Fahrbahn! Manchmal blieb mir einfach die Spucke weg.

An einem (ausgestorbenen) Parkplatz kam ich vorbei, wo gegenüber ein interessant wirkender, kleiner Weg zu einem hübschen Haus führte. Ich hielt an und stellte fest: Ah, das ist ein Meditationszentrum. Nachdem alle Tore offen waren, nur das Haus selbst verschlossen, ging ich bis zum Haus, setzte mich auf einen Stuhl und hab eine kleine Meditationspause eingelegt. Wunderbar! Danke für die Einladung. (siehe Fotos)

An einer langen Auffahrt war links ein Parkplatz und gegenüber im Wald ein großes Schild. Das wird doch nicht etwa ein Wanderweg sein? Er war es. Drei gut ausgeschilderte Wanderwege, jeder ca. 3,5 km lang. Perfekt. Also Sandalen aus und Wanderschuhe an, kurzer Wettercheck: Brauch ich die Windjacke? Nein. Und so hatte ich auch noch eine schöne Überraschungswanderung (halb Fahrweg, halb Pfad), die ich am Schluss um ungefähr einen Kilometer abkürzen konnte. Die alten Olivenbäume unterwegs – ich hätte 100 fotografieren mögen. (siehe Fotos)
Auf halber Strecke gab’s eine irgendwie gemütlich anmutende, offen Steinhütte, wo man innen verschnaufen und sich von der Hitze erholen könnte. (siehe Fotos)

Beeindruckend waren die Bergdörfer Estellencs und Banyalbufar, beides eher an den Berg gepresste Kleinstädtchen. Immer wieder fasziniert bin ich von der Terrassierungskunst der Mallorkiner. Heruntergekommene Terrassen, wie sie in Nordintalien eher Standard sind, gibt es hier kaum.

Alle drei Bilder. Estellencs

Da in letzterem zwei Cafés offen hatten, hab ich angehalten. Hab mich schon a bissle geärgert, weil ich nicht vor dem Orteingang geparkt hatte, denn im Ort, wie hier üblich, gibt es keine Parkplätze. Als ich nach einer Möglichkeit zum Drehen geschaut hab, fuhr ich an einem Parkhaus vorbei. Einem PARKHAUS. Ist das denn die Möglichkeit! Die Auffahrt zum ersten Stock war beeindruckend eng, aber dann hatte ich einen von ca. 50 Parkplätzen; außer mir waren noch fünf oder sechs andere Autos da. Ein kleineres Café ziemlich genau gegenüber, war voll besetzt; ein nicht ganz so kleines war nur halb voll. Dort hab ich ein Bocadillo con queso gegessen, dazu ein kleines Glas Rotwein. Als Nachtisch gab’s einen Cheesecake (der hier meistens gut ist und auch da gut war; seltsamerweise heißt der immer so und nicht etwa „tarta de queso“) und eine Tasse Café Americano. Der Wirt war begeistert von meiner Zeche von 8,70 Euro, die auf 10 aufgerundet habe.

Wie oft habe ich zum Fotografieren angehalten oder einfach nur zum ungefährdeten Schauen? Ich würde sagen, ca. 25-mal, hätte aber auch 100 mal sein können, aber dann wäre ich jetzt noch nicht da. Kurz vor Sonnenuntergang, also gegen halb sechs, war ich in Valdemossa, einem wirklich hübschen Ort, den ich mir im Schnelldurchlauf angeschaut habe und erstaunt war, WIE hübsch. Nicht besonders übertrieben herausgeputzt, so dass man sich vorstellen kann, dass hier die Touristen im Sommer in Tausender-Scharen einfallen.

Ca. 20 Kilometer weiter war Sóller (siehe Fotos), das mir Inge so sehr ans Herz gelegt hatte. Und zu Recht. Eine spanische Stadt und keine stadtähnliche Touristenblähung. Hat tatsächlich nur 13.000 Einwohner, wirkt aber größer. Sogar ein Fünf-Sterne-Granhotel gibt’s hier, an dem ich zufällig vorbeispazierte, und eine schöne Kathedrale im Zentrum. Da war’s aber inzwischen schon so düster, dass ich mir nur noch mit dem Gedanken beruhigen konnte: Hier musste nochmals her. Werde ich auch machen und mit einer Wanderung verbinden.

 

 

9. Januar 2025

Neben einem XXL-Müsli heute Morgen bestand mein Essen aus nem Not-Salat heute Abend mit ner großen Scheibe Sonnenblumen-Vollkornbrot dazu. Not-Salat deswegen, weil ich mir beim ersten großen Einkauf ein 650g-Glas Oliven gekauft (eingehandelt) habe in der naiven Vorstellung, das könnte ich in zwei, drei Wochen locker wegputzen. Dem war aber nicht so. Außerdem hab ich noch den Fehler gemacht, das Glas nicht in den Kühlschrank zu stellen, so dass ich vor zwei Tagen feststellen musste, dass einige Oliven sich schon mit Schimmelspitzchen verziert hatten. Hm … hab ziemlich viele, geschätzt 40, aussortiert und weggeworfen, den Rest hab ich mir heute auf nen großen Teller geschüttet, um die Spreu aus dem Weizen sortieren zu können. Also hab ich heute einen Salat mit ca. 50 Oliven gemacht, denn ganz wegwerfen hätte mir die Stimmung versaut. Ist vermutlich mein Olivenrekord bis zu meinem Lebensende. Trotzdem sind sie mir nicht über geworden. Vielleicht liegt’s ja auch an dem guten Wein dazu …

Heute Mittag war die Freundin meiner Vermieterin hier, um nach dem Rechten zu sehen. Sie meinte, Tramuntana kann man eigentlich nur noch im Winter machen – von daher perfekt, dass du dich dafür entschieden hast – denn in der Saison schieben sich da die Massen durch. Entspannt Auto fahren kannst du dann auch vergessen, weil dir alle fünf Minuten auf den engen Straßen ein Reisebus entgegenkommt.

Anlass ihres Kommens war, dass wir unserer Vermieterin in der Küche intensiven Schimmelbefall im Fensterbereich hatten (war erschreckend) gemeldet hatten. Die Freundin meinte, das sei normal für Mallorca, sie lasse den ganzen Winter durch tagsüber einen Raumluftentfeuchter laufen, der holt ihr alle zwei Tage 3,5 l Wasser aus der Luft. Manuela war schon auf das Problem eingestellt und hatte schon eine spezielle Chlorlösung zum Abwaschen des Schimmels unterm Guss bereitstehen. Das hat Julian vorgestern Abend gemacht, so dass es momentan wieder okay ausschaut.

Nachdem ich hier noch kein Loblied auf die Mallorcinischen Autofahrer gesungen habe, muss ich das jetzt mal nachholen! Ich kann mich nicht entsinnen, vergleichbar zuvorkommende und defensive Autofahrer irgendwo sonst auf der Welt erlebt zu haben. Und ich war schon in zwei, drei Ländern. Das Tempolimit von 120 km/h auf den Autobahnen wird von Zweidrittel aller Fahrer unterboten. Natürlich gibt’s auch hier ab und zu jemanden, der mit 140 km/h anrückt, aber das ist die absolute Ausnahme. Wenn ich dann mit meinen100 km/h auf die Überholspur gehe, um den 80 km/h-Fahrer zu überholen, dann bekomme ich weder eine Lichthupe noch muss ich befürchten, dass er mir mein Heck einfährt (i.d. Regel, auch hier gibt’s Ausnahmen), sondern der Wagen hinter mir fällt zurück und wartet geduldig, bis mein Überholvorgang beendet ist. Besonders auffällig ist dieses Verhalten auf der Landstraße. Wenn ich da so mit meinen 70, 80 km/h dahintrödele, kommt es immer wieder vor, dass jemand mit 100 oder 90 (was auf den Landstraßen die häufigste Vorschrift ist) angerauscht kommt. In 90 von 100 Fällen reduziert er einfach seine Geschwindigkeit und bleibt zehn, fünfzehn Kilometer hinter mir, ohne auch nur einen Überholversuch. Und auf der Tramuntana-Route gab es nicht EINE schwierige Situation. Wirklich erstaunlich. In den meisten Kommunen hier gilt innerorts die Höchstgeschwindigkeit 30 km/h, manchmal auch 40 km/h, selten 50 km/h. Somit spielt sich ein Großteil des Verkehrs in Zeitlupe ab – ziemlich vorbildlich.

So sieht’s im Sommer aus. So schön das ist, aber im Stau stehen braucht niemand: