22. Oktober

Auf Alistairs Rat hin habe ich ein Zimmer in einem Flughafen-Hotel gebucht (101,15 € ohne Frühstück). Er hat völlig Recht: Dann habe ich am nächsten Morgen keinerlei Stress, rechtzeitig zum Flughafen zu gelangen (Abflug 10 Uhr). Ich werde um 18.20 Uhr am Fernbahnhof ankommen, wo ich mich noch mit Gerhard treffe, der mir zwei Bücher vorbeibringen will. Na ja, die werde ich auch noch unterkriegen. Eben habe ich das InterCity Hotel angerufen, um herauszufinden, wie ich vom Fernbahnhof zum Hotel komme. Ich muss auf Terminal 1 auf der Ankunftsebene Ausgang B6 nehmen. Dort verkehrte halbstündig der Hotel-Shuttle. Zum Hotel ist er umsonst, zurück kostet er 10 Euro. Muss ich das unverschämt finden? Ich finde es unverschämt.

Meine Nachricht (vor über einer Woche) an meinen Gastgeber am Lago ist ohne Antwort geblieben. Ich schreibe ihm via AirB&B, dass mich das nervös macht. Er schreibt zurück, er habe geantwortet, sei aber in Spanien und Italien unterwegs und würde zurück sein, bevor ich eintreffe. Er schlägt WhatsApp als Kommunikationsmedium vor; ich stimme zu und wir tauschen uns gut aus. Das ist einfach, denn er ist Amerikaner und mit einer Guatemaltekin verheiratet. Seine Schwägerin, berichtet er, gibt Spanischunterricht am Lago (er schickt mir ihre Facebook-Adresse), und sein Sohn könnte mit mir Wanderungen in die Berge unternehmen. Hört sich großartig an.

23. Oktober

Meine Nachricht (vor über einer Woche) an meinen Gastgeber am Lago ist ohne Antwort geblieben. Ich schreibe ihm via AirB&B, dass mich das nervös macht. Er schreibt zurück, er habe geantwortet, sei aber in Spanien und Italien unterwegs und würde zurück sein, bevor ich eintreffe. Er schlägt WhatsApp als Kommunikationsmedium vor; ich stimme zu und wir tauschen uns gut aus. Das ist einfach, denn er ist Amerikaner und mit einer Guatemaltekin verheiratet. Seine Schwägerin, berichtet er, gibt Spanischunterricht am Lago (er schickt mir ihre Facebook-Adresse), und sein Sohn könnte mit mir Wanderungen in die Berge unternehmen. Hört sich großartig an.

24. Oktober

Ich bin vielleicht einer (eindeutig zu sehr im Hier und Jetzt): Heute Mittag wurde mir schlagartig klar, dass ich ja morgen schon in den Zug nach Frankfurt steige, also letztlich morgen die Reise beginnt und bis dahin alles fertig sein muss. Die Erkenntnis kam mir, als ich beim Mittagsschläfchen eben am Eindösen war. Natürlich war ich sofort hellwach und brauchte ein paar Tricks, um erneut die Schlafkurve zu nehmen.

Es gibt nämlich noch zwei Engpässe: meine Visa Card und das Flugticket.

Die Visa Card habe ich schon ewig nicht mehr benutzt, muss also erst mal nach der Pin suchen. Das erweist sich als problemlos. Also fahre ich etwas Geld abheben (und dabei die Card auszuprobieren, sicher ist sicher): Klappt. In der Apotheke hole ich meine kleine Hausapotheke ab, die ich gestern bestellt habe: Kohletabletten, Lorano, Immodium akut und Reisekaugummis. Mal sehn, was ich davon brauche. Vermutlich Lorano wegen der zwei Kätzchen bei Lucia und Alistair. Im Idealfall sonst nichts.

Zu Hause die Engstelle Nr. 2: das Flugticket. Es ist zwar eine Bestätigungsmail von Austrian Airlines da mit Buchungscode, aber kein Ticket. Vielleicht gibt’s das ja gar nicht, sondern nur – vermutlich morgen – den Buchungscode bzw. das Online-Check-in – wahrscheinlich morgen Abend im Hotel.

Es geht ans Packen

Mein Gott, eigentlich packe ich ja gerne, aber diesmal hat mich um ein Haar die Geduld verlassen. Normalerweise dauert das vielleicht ne halbe Stunde, aber diesmal war ich über zwei Stunden beschäftigt. Schon bei den einfachen Sachen wie Unterwäsche, Ober- und Unterbekleidung muss ich an 12°C bis 25°C denken. Aber dann all die Kleinigkeiten, die man so braucht für ein westliches Leben: Naturmedizin, Sonnencreme, Necessaire, Ladekabel, Bücher, Notizheft, Vokabelzettel … Und dann noch alle die Gewürze und Kosmetika für Alistair und Lucia. Na ja, um 18.42 Uhr habe ich’s (scheinbar) geschafft.

Warum?

Unfehlbar haben mich zwei Freunde gefragt: Warum fährst du da hin? Was willst du da? Warum fliegst du? Ich habe Ihnen geantwortet (denn das ist mir ja auch ein „Thema“):

Ich habe mich ein paar Wochen mit der Frage: „Soll ich, darf ich, kann ich fliegen?“ beschäftigt. Die Gegenargumente sind ja bekannt, darüber brauche ich hier kein Wort verlieren. Und auf der anderen Seite der Waagschale liegt:

Alistair hat mich schon mehrmals gedrängt, zum Lago Atitlan zu kommen und die (im wörtlichen Sinn) wundervolle Atmosphäre für einen mehrwöchigen Schreib-Retreat zu nutzen. Er weiß, dass ich seit einer Weile an einem Roman arbeite („Briefe von Milena – Die Geschichte eines Mannes mit acht Frauen“) und nicht befriedigend vorwärtskomme damit. Das ist also der Hauptgrund. Hinzu kommt, dass es grade so aussieht, als würde Alistair bei Lucia und ihrer Mutter in Guatemala bleiben. Ein Gefühl für das Land und seine Maya-Kultur zu bekommen, zu wissen, wo und mit wem er sich dort aufhält, sind weitere Gründe zu fliegen. Ein letztes Gewicht auf die Waage brachte die Überlegung: Wäre Guatemala vielleicht ein Notausgang, falls in der Ukraine die ersten Atombomben explodieren? Und dann ist ein Flug – so wie Fleisch essen – für mich immer auch eine Abstimmung mit dem eigenen Gewissen. Und das hat letzten Endes zugestimmt und lässt mich ruhig schlafen.

25. Oktober

Jetzt ist die offizielle Online-Check-in-Mail gekommen. Ich versuche es dreimal, klappt nicht. Ich rufe die Lufthansa-Hotline an. Der Mann (warum sprechen 95% aller Hotline-Mitarbeiter eigentlich ihren Namen so, dass man ihn nicht versteht?) sagt, ich bräuchte vielleicht eine ESTA-Anmeldung für die USA (für Leute, die nicht ein-, sondern nur durchreisen wollen) und ich soll die amerikanische Botschaft deswegen anrufen. Er hat aber keine Nummer, die muss ich mir schon selbst suchen.

Ich sage ihm, davon habe mir niemand etwas gesagt. Er meint, darum müsse ich mich schon selbst kümmern, das sei nicht die Aufgabe der Organisation, die die Tickets verkauft.

Na, ist das nicht toll?!

Beim Anruf der Frankfurter Botschaft gibt es natürlich keinen Menschen, sondern einen „Prozess“ („Wenn Sie …, dann drücken Sie …). Jetzt, nach ca. einer halben Stunde habe ich das ESTA-Formular ausgefüllt und abgeschickt. Bei Alistairs Telefonnummer (sie wollten jemanden für den Notfall) hat das Formular erst mal gezickt (keine gültige Telefonnummer), dann aber nach zweimal Hin und Her endlich doch akzeptiert. Jetzt habe ich eine aussichtsreiche Mail bekommen: „Thank you for applying for ESTA. Your application number is Z5H08J24126053T4. You will need this number to retrieve your application. You can check the status of your ESTA at https://esta.cbp.dhs.gov.”

Ich habe die Frau in der US-Hotline gefragt: Does it help to pray? Sie fragt zurück: Did you say pay or pray? Ich: I said prrrray. Sie antwortet einen auswendig gelernten Satz, dass die Bewilligung ca. 72 Stunden dauert.

Überall höre ich, es dauert 72 Stunden, bis ich diesen verdammten Antrag bewilligt bekomme. Nach einigem Hin und Her schaue ich auf den abrufbaren laufenden Prozess und sehe, dass ich die 21 $ noch nicht bezahlt habe (hat mich aber auch niemand drauf aufmerksam gemacht) und bezahle via Visa. Jetzt heißt es „authorization pending“ (Bewilligung steht aus). Vielleicht hilft das ein wenig.

Es ist jetzt Mittwochnachmittag, 15:06 Uhr. In 19 Stunden sollte ich abheben. Sieht nicht so aus, als ob das klappen würde. Und dann?