15. November

Ich habe mich mit Philip von der Circles-Bäckerei um 14 Uhr zum Interview verabredet. Es wird aber fast drei Uhr, weil eine seiner Maschinen kaputt gegangen ist und er sich darum kümmern musste, sie in einen Ort in der Nähe bringen zu lassen, wo man sie reparieren konnte.

Dann sitzen wir aber bis ca. halb sechs zusammen und ich schreibe ne Menge mit, genug Material für drei verschiedene Artikel. Am Wochenende wollen wir uns nochmals treffen, am Freitagabend. Abends dann, nach einem „Festessen“ mit vier Maiskolben ganz allein für mich, mache ich mich dran, meine Notizen im Rechner ins Reine zu schreiben.

Während dieser Arbeit ereilt mich dann doch der Durchfall. Innerhalb von eineinhalb Stunden muss ich dreimal aufs Klo, zum Schluss in Eile, um im Lauf der sechs Meter nicht in die Hosen zu machen, was ziemlich ekelig wäre. Heute Morgen hab ich zum ersten Mal, seit ich hier bin, keine Kohletablette genommen (nach dem Motto: einmal kann ich’s ja auslassen), ob das den Ausschlag gab? Jetzt frage ich mich, ob ich eine Imodium akut einwerfen soll, um gut durch die Nacht zu kommen? Ich recherchiere kurz im Internet. Die Tabletten wirken innerhalb von ein bis drei Stunden. Jetzt haben wir 20.57 Uhr, also lohnt es sich noch.

17. November

Die Tabletten haben durchschlagend gewirkt, genauer gesagt: vollbremsend. Ich war seit gestern Morgen nicht mehr aufm Töpfchen. Hoffentlich muss ich jetzt kein Abführmittel nehmen 😊.

Heute am späten Vormittag habe ich an einem Zoom-Meeting teilgenommen. Dazu fühlte ich mich verpflichtet, war auch eine gewisse Neugierde da. Immerhin hat auch Johannes Heinrichs teilgenommen (https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Heinrichs_(Philosoph)). Ich merke richtig, wie da ein gewisser Sog in Richtung sozial-ökologische Transformation (Ökoligenta etc.) ist, dem ich mich innerlich entgegenstellen muss, sozusagen vom Strudel wegschwimmen, statt mich reinziehen zu lassen.

Nach meinen Spanischstunden bin ich noch wandern – mit Carlos direkt hier den Berg hoch, geschätzt 400 Höhenmeter zu einem Plateau auf einer freistehenden Felsnase hoch über dem See. Wir sind beide schweißgebadet, als wir oben sind, aber es hat sich gelohnt, Ausblick auf den Lago ist wirklich wundervoll, einer der besten hier am See, meint Carlos. Vom Wegtyp her war’s eher eine Hochgebirgswanderung, sehr steil, felsig, immer wieder Geröll. Carlos betrachtet das als Maßnahme gegen den Alterungsprozess und ich konnte erstaunlich gut mithalten. Wir waren rund zwei Stunden unterwegs und zurück, kurz bevor es dunkel wurde. Grad so.

Den Abend hab ich mit Philip verbracht, der mir seine ganze Geschichte, wie er hierherkam, erzählt. Könnte man 20 Seiten drüber schreiben, zumal sein Sprachfluss auch nicht so leicht zu bremsen ist, wenn man nicht dazwischen geht. Ein wenig erinnert er mich äußerlich an Jonas, auch das teilweise unfassbare Glück, das er immer wieder hatte. Beispiel: Er hatte vor, sich in Dresden als Lehrling in einem hochklassigen Restaurant zu bewerben, hatte es aber verpennt und sich nicht getraut, das seiner Freundin zu gestehen. Also geht sie da mit ihm hin, quasi probeessen und sagt am späteren Abend zum Ober: „Mein Freund hat sich gestern bei euch beworben, können wir uns mal dem Küchenchef vorstellen?“ Das klappt tatsächlich, er stellt sich, Herz schon in der Hose, vor, der sagt zu ihm: „Okay, Sie sind genommen, Sie können morgen früh anfangen.“ Tatsächlich hatte sich jemand (mit viel besseren Referenzen, aber) mit gleichem Namen beworben.

Ich trink noch im El Giardino ein kleines, dunkles Bier (MOZO), mach ein paar Notizen dazu und geh nach Hause.

18. November

Ich erwache heute mit einem ganz weiten, großen DANKE in mir, das mich durch die Morgenroutinen bis in diese Zeilen hinein begleitet.

Einsicht des Alleinlebens: Warum muss ich eigentlich einen von mir benutzten, abgeleckten Löffel abwaschen? Die Gewohnheit zwingt mich, sonst nichts. Also stelle ich ihn ungewaschen in die Besteckablage. Im schlimmsten Fall hole ich mir genau die Mikroben, die ich sowieso im Mund habe.

Heute ist einer dieser Tage, wo ich zwar eine gefühlt wunderbare Idee für die Weiterführung und Vertiefung des Romanprojekts habe, aber ich partout nicht dazukomme, mich drum zu kümmern, weil ich einfach so viele Dinge habe schleifen lassen, dass ich jetzt mal ein bisschen was aufarbeiten muss. Außerdem ist noch die dritte Geschichte aus meinen gestrigen Notizen mit Philip zu schreiben. Und dieser Blog ist zu vervollständigen.