12. Februar 2024

Heute einen langen Ausflug ins Naturschutzgebiet Monte Alto (https://tropica-verde.de/projekte-alt/monte-alto) unternommen (Anfahrt ca. 40 Minuten). Unsere Führer waren in diesem Fall Michie und ihr Mann Günther, zwei hochkompetente Münchner, die vor rund 30 Jahren nach Costa Rica ausgewandert und am Aufbau des Naturschutzgebietes aktiv beteiligt waren (und die Uru bei einer früheren Costa-Rica-Reise als Reiseleiter kennengelernt hatte). Monte Alto ist das einzige touristische Naturschutzprojekt in dieser Region Guanacaste, die ansonsten vor allem Beach Life anbietet.

Tatsächlich ist Monte Alto ein Rettungsprojekt. Die Region war wegen der entwaldeten Berghänge so trocken geworden, dass alle Quellen und Bergbäche versiegten und die Einwohner eines Tages kein Wasser mehr hatten und mit Wassertransportern versorgt werden mussten. Ein Konsortium aus diversen Betroffenen einschließlich sämtlicher Schulen der Region ließen Experten kommen, um die Ursache für den Wassermangel zu klären. Im Wesentlichen waren es zwei Gründe: Die entwaldeten Hänge konnten kein Wasser mehr halten, so dass es weitestgehend unversickert ins Meer abfloss; zudem bildeten die Bäume kein regenerzeugendes Kleinklima mehr. Infolgedessen wurde ein ca. 1000 Hektar großes Gebiet unter Schutz gestellt. Zum Glück war der Boden noch fruchtbar genug, dass sich schnell junger Wald ansiedelte und schon nach fünf Jahren die ersten Bäche und Quellen wieder Wasser führten. Heute ist das Gebiet zu rund 70 Prozent tropisch bewaldet, viele Tiere sind zurückgekehrt und die Berge liefern rund ums Jahr (also auch in der Trockenzeit) so viel Wasser, dass damit sogar Schwimmbecken gefüllt werden können.

                     

Bei unseren Wegen durch den Wald gab es drei „Ereignisse“. Zum einen hat mich wieder eine „Bullet Ant“ abgeschossen (heftiger, kurzer Schmerz im Fuß [so geht das, wenn man nur Sandalen an hat] wie von zwei, drei Wespenstichen auf einmal – so stelle ich mir einen Skorpionstich vor –, der aber nicht länger als drei, vier Minuten anhält, dann schnell nachlässt und sich nur noch „heiß“ anfühlt); zum anderen haben wir zwei Garovos gesehen. Das ist die neben den bislang gesehenen Leguanen zweite urweltliche Leguan-Art, der Schwarzleguan (Gemeiner_Schwarzleguan); der erste, die wir auf dem Weg vor uns hinter einer Pfadbiegung vielleicht fünf Meter entfernt vor uns sahen, war ein Weibchen; der zweite, ein üppiger geschmücktes Männchen, lief in ungefähr zehn Meter Entfernung auf dem Weg gemütlich auf einen Baum zu. Zu dem Zeitpunkt saßen wir auf einem offenen Essplatz vor der Küche am Tisch beim nachmittäglichen Kaffee (el cafesito es muy importante) und konnten zuschauen, wie der behende aufbaumte und allmählich in der Baumkrone verschwand.

Abends dann noch eine schöne Erfrischung ganz allein im Swimming Pool. Wenn ich mich auf den Rücken legte, hatte ich direkt die Großen Wagen am Himmel über mir – jedenfalls schien es mir so. Sehr romantisch …

Costa-ricanische Kaffeemaschine

Apropos Romantik: Dass es sich dabei um eine Mischung aus Gefühl und Einbildung mit wunschgemäßer Wirklichkeitsverzerrung handelt, dürfte wohl jedem klar sein. Mein Eindruck von Costa Rica passt bestens dazu. Denn der Landesslogan „Pura Vida“ ist genau so etwas. Er soll ein Land halluzinieren, das alles tut, um dem wahren Leben mit möglichst viel Umweltschutz und Naturliebe zum Durchbruch zu verhelfen. Wirft man aber einen nüchternen Blick auf die touristisch hochgepeitschten Strände, die umweltzerstörenden und asozialen Bananen- und Ananasplantagen* sowie die kahlen, abgeholten Hügel ringsum, dann ist man schnell eines Besseren belehrt. Der Kontrast zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen touristisch aufgepeppter Scheinwelt und knallharter und oft auch hässlicher Wirklichkeit ist krasser als in Deutschland. Denn hier reiben sich die noch paradiesischen Teilaspekte der Natur und die naturverachtende Lebenswelt und -weise um so mehr, als allerorten das „gute Leben“ behauptet und beschworen wird, während man nicht, wie in Deutschland, die hässlichen Aspekte in die Dritte Welt verbannen kann. Die ist man letztlich selber, auch wenn man das unter allen Umständen verstecken will. Günter, der das Land, in das er aus Deutschland „geflüchtet“ ist, kennt wie seine Hosentasche und die Natur innigst liebt, hat es klar formuliert: „Die großen Fruit Companies, und damit die Gringos [die US-Amerikaner], haben das Land in der Tasche. Was sie wollen, ist so gut wie Gesetz. Hätte nicht ein kluger Präsident vor vielen Jahren die vielen Nationalparks eingeführt und festgeschrieben, wären auch die längst plattgewalzt.“

13. Februar 2024

Gestern schon, aber heute Morgen noch viel lauter, weckt uns Brüllaffengeschrei in den Bäumen neben uns. Ich überlege kurz, ob ich mir noch zehn Minuten Swimming Pool nach dem Frühstück gönne; aber dann packe ich lieber meine sieben Sachen fertig und setze mich an den Pool zum Lesen. Wir fahren ein gutes Stück (knapp drei Stunden) ins Regenwaldschutzgebiet Monte Verde, ein Gebiet, wo Trockenzone, Regenwald und Nebelwald gleichzeitig vorkommen (https://costarica.org/de/nationalparks/monteverde). In Santa Elena, dem Hauptort, sind wir im Bed & Breakfast Casa Batsú untergebracht (mit nur fünf komfortablen Zimmern).

Das uns von Carlos empfohlene Lokal “Stella” bietet prima Mittagessen, das Café Kolibri am Parkeingang ist mehr als mäßig, die Kolibris an den Kolibri-Futterstellen sind zahlreich und immer wieder faszinierend anzusehen.

Ein herumstehender Ranger erzählt mir, das Futter bestehe aus Zuckerwasser 80:20. Als er meinen ein wenig ungläubigen Blick sieht, ergänzt er, die Futterstellen seien ökologisch gesehen kontraproduktiv, da die Vögel für die Besamung nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Regierung wollte solche Futterstellen komplett verbieten, konnte das aber nicht durchsetzen. Jetzt seien einige Plätze im ganzen Land erlaubt, u.a. dieser. Einziger guter Grund sei ein pädagogischer.

Wir unternehmen eine kleine Wanderung auf einem Pfad hinter der Casa – nichts Besonderes mit Ausnahme des mächtigen Windes, der auch die größten Bäume so beutelt, dass ich mich innerlich darauf gefasst mache, dass mir ein Ast die Ohren fliegt und ich auf Geräusche achte, die mich warnen könnten. Für morgen früh haben wir eine ca. dreistündige, geführte Wanderung durchs Schutzgebiet gebucht (das kostet 50 Dollar pro Person, 25 $ für den Guide und 25$ Parkeintritt).

    ———————

* Ananasplantagen: Eine Pflanze nimmt locker einen Quadratmeter ein, ist bis zu 1,50 m groß und liefert genau eine Ananas. Bei der Ernte wird die komplette Pflanze abgeschnitten. Da Ananas harten, lehmigen Boden lieben, scheuen sich die Companys, die gesetzliche Vorschrift, das Grün unterzupflügen, einzuhalten – und werden dafür nicht zur Rechenschaft gezogen. Das heißt, nach dem Ende der Ernte modern an den Plantagenrändern riesige Grünhalden vor sich hin, in denen sich Fliegen ansiedeln. Diese fallen in großen Schwärmen über die Kühe der umliegenden Bauern her, um im Fleisch der Tiere ihre Eier abzulegen. Das stresst die Kühe so sehr, dass sie schon bald nur noch die halbe Menge Milch geben, was viele Kleinbauern zum Aufgeben zwingt. Deren Land wird dann von den Plantagen aufgekauft. Zu all dem kommt hinzu, dass das Land nach der Ernte mit Planierraupen “wiederhergerichet”, selbstverständlich kunstgedüngt und die Pflanzen selbstverständlich mit Bioziden behandelt werden.