12. November

War wieder auf meiner Kaffee&Kuchen-Tour in Philips Bäckerei. Diesmal war der Kuchen ein süßes Hörnchen, in Würzburg würde man es Kissinger nennen. Selten gut. Dazu wieder in meinen „Zimtläden“ gelesen, etwas Gemüse und Milch eingekauft.

Nach Inges Longshirt geschaut und vermutlich auch was gefunden. Außerdem eine wunderschöne Tasche, in die evtl. ihr Klarinettenkoffer und ihre Noten passen würden.

Das Schreiben läuft heute besser als an allen Tagen zuvor.  Es kann weitergehen. Es ist jetzt 17.16 Uhr und die Tarantel sitzt an ihrem Stammplatz – wie ich.

Der heutige Tag fühlt sich wie ein Fastentag an. Bin nicht hungrig. Ich hab kaum was gegessen, morgens das letzte Glas Milch getrunken (war schon minimal angesäuert, aber noch gut), nachmittags mein Hörchen, abends zwei Bananen und jetzt steht ein großes Glas Kombucha neben mir, der Rest der Flasche von vor ein paar Tagen.

13. November

Das Bellen der Hunde, das so allgegenwärtig ist, dass ich es oft schon gar nicht mehr, wahrnehme, ist letztlich vergleichbar mit den Emotionen der Menschen. Aus irgendeinem nervösen Grund stimmt ein Hund seinen Ton an, ärgerlich, aufgeregt, ängstlich, drohend, und schon greift ihn ein zweiter auf, dann noch einer und noch einer, ohne den Grund, den der erste bellende Hund vielleicht noch gehabt haben mag, eine Kettenreaktion eben.

Die beiden großen Vulkane am See, El Vulcán San Pedro und El Vulcán Atitlan, sind Metaphern auf die Situation der Menschheit. Zu Füßen der Berge breiten sich Siedlungen aus, menschelt es, wird geliebt, gelitten, gekauft und verkauft, gebaut für eine scheinbare Ewigkeit, in die dies alles münden könnte. Und doch bleibt die finstere Drohung der beiden Giganten vorhanden, wird aber nicht wahrgenommen. Mit einem kurzen Husten oder Schütteln ihrer Füße können sie all das zunichtemachen.

14. November

Schon gestern hatte ich mit dem Gedanken gespielt, einen meiner Schreibtage am See zu verbringen. Aber nachdem es Abend wurde, bevor das geklappt hätte, verließ mich die Lust. Dafür war sie heute Morgen umso stärker. Es würde also ein Luxustag werden. Ich erledige meine täglichen Pflichten und überprüfe dann, ob nicht nur mein Laptop, sondern auch meine externe Tastatur in meinen Wanderrucksack passt. Hm, schaut ein Stück raus, nicht gut. Aber dann habe eine Idee. Das Unterteil des Rucksacks, wohin man normalerweise seine Regenjacke steckt, lässt sich mit einem Reißverschluss nach oben hin öffnen, so dass fast zehn Zentimeter mehr Raum zur Verfügung stehen – und mein ganzes Geraffel mühelos reinpasst. Wie einfach es ist, mich zu erfreuen! Gegen elf Uhr gehe ich außer Haus ins El Giardino frühstücken – Müsli mit Obstsalat und zwei Tassen Kaffee (heute lass ich’s wirklich krachen!) und ergänze meine Spanischnotizen, was „en total“ eine gute Stunde dauert.

 

Anschließend wandere ich weiter ins Restaurant Tul y Sol. Wenn das mal kein Glück ist, sowohl der Handy- wie auch Laptop-Batteriestand sind ziemlich weit unten. Im Giardino gab keine Lademöglichkeit, aber hier gibt es genau einen Tisch mit zwei ganz nahen Steckdosen, und der ist frei. Der gehört jetzt mir für den Rest des Tages. Ich bestelle erst einmal Alistairs Lieblingslimonade und packe meine Sachen aus. Ein wunderbarer Arbeitsplatz.

Ich sitze im Freien auf einer überdachten Veranda mit Blick auf den See und die Vulkane. Gegen halb zwei bestelle ich eine Plata con Pollo und ein Gläschen Vino Tinto. Der Salat davor ist alles andere als eine Erfüllung, genau genommen hab ich vermutlich in den letzten Jahren keinen schlechteren serviert bekommen. Ja mei, zumindest die Scheibe dunkles, getoastetes Weißbrot schmeckt. Kaum ist Essen auf meinem Tisch, tauchen ein großer schwarzer Hund schwanzwedelnd auf, auf der andere Seite eine schwarz-weiße Katze, die hunds(!)erbärmlich miaut. Na, sollen sie mal, Salat ist für die beiden sowieso nichts. Ich stochere also nebenbei etwas lustlos in den geschmacklosen Salatteilen und überarbeite, was ich gestern Abend fabriziert habe. Plötzlich bemerke ich eine schnelle Bewegung. Ehe ich noch körperlich reagieren kann, hat sich der Hund mit den Vorderpfoten auf den Stuhl neben mir gestemmt, schnappt sich blitzschnell meinen halben Toast und verzieht sich damit. Außer einem dreifachen „No, no, no“ zum Hund bleibe ich auf meine Verblüffung reduziert. Vorsichtshalber werfe ich einen nahezu fleischlosen Hühnerknochen links über die Brüstung und die Katze stürzt sich begeistert hinterher. Wer weiß, was der sonst eingefallen wäre?

Inzwischen ist es 15.05 Uhr. Das Schreiben funktioniert erstaunlich gut, mindestens so gut wie „zu Hause“, wenn nicht besser.

Gegen halb sechs hab ich mich auf den Heimweg gemacht, um mich umzuziehen und wiederzukommen. Denn auch in den Tropen sind 17 Grad 17 Grad. Jetzt ist es 17.52 Uhr, also noch gut zwei bis zweieinhalb Stunden, bis sie hier dichtmachen und San Marcos endgültig von der Buschtrommel der Zikaden (oder Grillen?) übernommen wird. Zum Schreiben gibt’s noch nen kleinen Snack.