Heute ging mir erstmals in meinem Leben – ich bin 66 – der Gedanke an einen Freitod durch den Kopf. Ein Traumfetzen. Der sah ungefähr so aus: Eine Pistole lag auf der Kommode. Sie war geladen, das wusste ich. Und sie könnte mir helfen, endlich meinen mühsamen Widerstand aufzugeben, nicht mehr gegen die wohlfeile Sinnlose der Zeit anzurennen, sondern vielmehr mich einzureihen ins Leere. Wenn Milliarden von Menschen das Schicksal der Menschheit egal, ja scheißegal ist – Hauptsache, sie können ihre kleinen Bedürfnisse befriedigen – und wenn mir das nicht egal ist, aber mir die Kraft ausgeht für solchen Widerstand, dann bleibt ja nur noch der Tod. Andernfalls müsste ich mich ja beteiligen an diesem kapitalen, grauen, lebensfeindlichen Schwachsinn. Nein, dann mir lieber das Leben nehmen und einer weniger sein, der sich an diesem großen, schönen, wunderbaren und vergessenen Leben vergeht.
Nun gut, es wird wahrscheinlich nicht passieren. Ich werde wohl keine Hand an mich legen. Es wäre die Versuchung, einmal mehr Herr sein zu wollen, diesmal über die Schöpfung meines Körpers. Es wäre einmal mehr der Irrweg, meinen Schlüssen und Eingebungen mehr zu vertrauen als dem Sein, das mich hinauslockt ins Freie und mir die Welt zeigen will, deren eines Hummelbrummen stärker ist als aller Flugzeuglärm der Welt.