Viele Meditationsanleitungen fordern dazu auf, die Position eines Beobachtenden einzunehmen. Mir erscheint das eine bedenkliche Metapher. Der Beobachtende ist nämlich keineswegs neutral; wie ein Wissenschaftler hat er eine Hypothese im Kopf und schaut, ob seine Idee mit dem Beobachteten übereinstimmt. Er tritt dem Beobachteten nicht gleichwertig gegenüber, sondern eher von oben herab. Ich weiß, dass das in aller Regel nicht so gemeint ist, doch birgt der Begriff meines Erachtens diese Gefahr.
Die Hypothese ist bereits eine Konstruktion, die man dem Beobachteten überstülpt und die das Beobachtete beeinflusst, verändert und während der Meditation eventuell auch zur Bewertung reizt. Beobachtet man etwa den Fluss seines Atems, so mischen sich ganz leicht innere Vorgaben ein: Ich atme nicht genug in den Bauchraum; ich atme zu flach; was mach ich nur, damit mein Atem natürlich fließt? Und so weiter.
Nützlich erscheint es mir deshalb, noch hinter den Beobachtenden in den Zeugenstand zu treten. Ein Brustatem ist ihm so gleichgültig wie ein Bauchatem und ein Gedanke an gestern oder morgen ist ihm nichts weiter als ein Gedanken an gestern oder morgen. Das zentrale Interesse des Zeugen ist radikal einfach; es besteht darin, wahrzunehmen, was ist.